Die Wiederentdeckung eines Kunstschatzes!
Im Kreisarchiv Sangerhausen stießen Mitarbeiter von Erlebniswelt Museen auf fast verlorengeglaubte Gemälde aus dem Schloss Henriette bei Helmsdorf
Wie es zur Entdeckung kam, was die Bilder zeigen und was der regionale Museumsverbund nun plant:
Zufällig und völlig unerwartet machten die Mitarbeiter des regionalen Museumsverbunds Erlebniswelt Museen e.V. bei der Sichtung der Bestände der Mansfeld-Galerie im Kreisarchiv Sangerhausen eine überraschende Entdeckung: Zwischen Bücherregalen fanden sie Gemälde, die aufgrund ihrer Motivik und ihres hohen Alters nicht zur Kunstsammlung des ehemaligen VEB Mansfeld-Kombinats „Wilhelm Pieck“ gehören konnten. „Meine Kollegin Sylvia Meinel schaute bei einem der Bilder auf die Rückseite und fand dort einen Aufkleber mit der Aufschrift „Pflegeheim Heiligenthal“. Sofort war uns klar: diese Werke müssen einst im Schloss Henriette bei Helmsdorf gehangen haben“, erklärt Mike Leske. Auf Grund von Beizetteln und rückseitigen Beschriftungen konnten im Zuge einer zweiten Begehung weitere Werke aus dem Interieur des herrschaftlichen Anwesens bei Helmsdorf sicher identifiziert werden. Anhand historischer Fotoaufnahmen kann für einige der Bilder sogar der einstige Standort im Schloss belegt werden.
Neben großformatigen Landschaftsmalereien aus der Epoche der Spätromantik (Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts) fanden sich barocke Porträts von Familienmitgliedern derer von Bülow, in deren Besitz sich das Amt Helmsdorf bis 1783 befand. Das älteste Gemälde stammt aus der Zeit um 1700, die beiden jüngsten sind vom Maler auf das Jahr 1930 datiert und zeigen wahrscheinlich die letzten herrschaftlichen Schlossbewohner, Baron von Krosigk und dessen Gemahlin zu Pferd.
„Selbstverständlich haben wir die frohe Nachricht umgehend an unsere Freunde vom Schlossverein Henriette weitergeleitet, die seit 2023 in unserem Museumsverbund integriert sind“, so der Geschäftsführer der Erlebniswelt Museen. Anika Rockmann reagierte mit großer Begeisterung: „Wir waren völlig überrascht und freuen uns riesig, dass ein Stück Identität und ein verlorengeglaubter Teil der Schlossgeschichte wiederentdeckt wurde“, schwärmt die Vereinsvorsitzende.
Im Zuge der Enteignung durch die Bodenreform kamen Kunstwerke aus dem Schloss Henriette in das Depot der Burg Falkenstein. Ein Teil der Bilder verblieb dagegen noch bis Anfang der 1990er-Jahre in Helmsdorf. Wie die wiederentdeckten Gemälde in das Kreisarchiv nach Sangerhausen gelangten, ist nicht bekannt. „Bei der Frage nach den Provenienzen stehen wir noch ganz am Anfang und sind aktuell im engen Austausch mit der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt. In Kooperation mit dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste wird dort der Umgang mit enteignetem Kunst- und Kulturgut erforscht. Wir hoffen auf Grundlage der rückseitigen Depotstempel und Inventarnummern die Herkunft der Gemälde lückenlos aufklären zu können“, so Leske. Nach der Klärung der Eigentumsverhältnisse liegt es im Interesse des Museumsverbunds, die Kunstwerke möglichst an ihrem Originalstandort für die hiesigen Kulturlandschaft zu erhalten. Für ein erstes Etappenziel sollen die Bilder im Rahmen einer kleinen Sonderausstellung in den Räumlichkeiten des Schlosses Henriette gezeigt werden. „Wir möchten die Werke eventuell bereits anlässlich zum Tag des offenen Denkmals - trotz oder vielleicht sogar aufgrund ihrer teilweise starken Beschädigungen und Verschmutzen - an alter Stätte präsentieren. Bei dieser Gelegenheit könnten zudem Spendenmittel für die dringende Restaurierung der Bilder eingeworben werden.“
Das Schloss Henriette in Helmsdorf (Ortsteil der Gemeinde Gerbstedt) wurde zwischen 1801 und 1805 errichtet. Der klassizistische Schlossbau diente nach 1945 als Pflegeheim. Seit 1994 stand das Gebäude leer und war dem Verfall preisgegeben. Ab dieser Zeit avancierte das einst prächtige Schloss zu einem überregional beliebten „Lost Place“, was dem Inventar und der historischen Bausubstanz beträchtlich zusetzte.
Der Verein „Schloss Henriette-Helmsdorf“ hat sich der Bewahrung der Mansfelder Sehenswürdigkeit verschrieben und strebt neben der Erhaltung des Schlosses auch die Rekultivierung und Pflege des zugehörigen Parks an.
Erlebniswelt Museen e. V. ist ein regionaler Museumsverbund im Landkreis Mansfeld-Südharz. Die Ziele des 2010 gegründeten Vereins sind die Förderung von Kunst und Kultur, Denkmalschutz und Denkmalpflege sowie die Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde im Landkreis Mansfeld-Südharz. Weitere Arbeitsschwerpunkte bilden Digitalisierungsprojekte sowie die regionale und überregionale Vermarktung der Museen und des Landkreises. Zudem fungiert Erlebniswelt Museen als Verteiler von Ausstellungs- und Veranstaltungstechnik.
Erlebniswelt Museen e. V. wird mit Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt gefördert.
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